12.August Gällivare - Vittangi

105,8km 5:56h Schnitt: 17,8km/h Maximum: 50,4km/h

Bevor wir zur heutigen Etappe aufbrachen, sind wir nochmal einmal durch das Museumsdorf gelaufen, diesmal mit Fotoapparat. Zwei Männer waren damit beschäftigt, am großen Wohnhaus die Außenwände mit Moos zu vollenden, das in einer dicken Schicht Lage für Lage aufgeschichtet wurde. Nun war auch ein Blick in das Innere dieses Hauses möglich. Durch die innere Verkleidung der Wände ähnelt es einem kleinen Blockhaus, eingerichtet mit einfachen bunt angemalten Holzmöbeln und einem eisernen Ofen zum Heizen und Kochen. Der Zweck der anderen hier aufgebauten Hütten ließ sich nicht immer aus den in schwedisch und samisch verfassten und mit etlichen Skizzen erläuterten Beschreibungen entnehmen. So blieb uns eine kleines Holzhäuschen, so groß wie eine Hundehütte, aufgebaut in etwa 2m Höhe auf einem einzelnen abgesägten Baumstamm rätselhaft.

Bild 1.38: Im Museumsdorf in Gällivare
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In Karesuando sollten wir nocheinmal ein solch seltsame kleine einbeinige Hütte sehen. Wir vermuten, das sie einmal zur geschützten Aufbewahrung von Vorräten dienten, die auch bei sehr hohem Schnee nicht einschneien sollen.

Danach ging es in einem Bogen durch Gällivare auf die E10, die Europastraße von Lulea über Kiruna nach Narvik, den Erzberg Malmberget mit seinem markanten Förderturm und die gleichnamige Ortschaft weiträumig umfahrend. Auf langen Abschnitten ausgebaut mit vier Fahrspuren schlägt die Straße eine breite Schneise mitten durch die schwedische Taiga mit dichten, scheinbar undurchdringlichen Urwäldern zu beiden Seiten. Der Verkehr hielt sich auch hier sehr in Grenzen, etwas mehr als in den letzten Tagen, dennoch kein Problem beim Fahren. Davon, dass diese Straße stärker befahren ist, konnten wir uns am Straßenrand überzeugen. Dort haben wir unseren ersten und einzigen Elch auf dieser Reise gesehen, oder besser gesagt, das, was von diesem übriggeblieben ist. Nach der Größe der Knochen und dem fehlenden Schädel und Geweihschaufeln, könnte es einer gewesen sein. Einige Kilometer zuvor waren wir schon an den Resten eines Rens vorbeigefahren. Diese waren deutlich kleiner und vorallem vollständig.

Bild 1.39: Blick auf den Malmberget
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Nach gut 50km stieg uns in Poultikarvara, dem einzigen Ort, den wir durchfuhren, der leckere Duft von frisch gebackenem Kuchen in die Nase. Dem konnten wir nicht wiederstehen und so machten wir kurze Station an einem Laden, der gleichzeitig Bäckerei, Lebensmittelgeschäft und Café auf wenigen Quadratmetern vereinte. Während wir unser Stück Kuchen in Ruhe verspeisten, herrschte ein reges Kommen und Gehen.

Kurz vor Svappavaara konnten wir die große Fernverkehrsstraße wieder verlassen und auf der Inlandroute weiter Richtung Nordosten fahren. Hier dominiert wieder der uns schon vertraute Mischwald mit einer Unzahl nicht allzu hoher Birken, so wie wir ihn schon in den Tagen zuvor durchfuhren. Erst in der Nähe von Vittangi wurde er durch vereinzelte Felder und Wiesen verdrängt.

Bild 1.40: Wegweiser auf einem Rastplatz an der E10 am Kajtumälven
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Heute sind uns auch wieder Fernradler begegnet. Die ersten trafen wir eigentlich schon gestern Abend, als sie relativ spät auf dem Campingplatz eintrafen. Kurz vor Vittangi saßen zwei beim Picknick auf einem Rastplatz. Schon vorher, noch auf der E10, kam uns schon ein einzelner Radfahrer mit viel Reisegepäck entgegen. Wir gewinnen immer mehr den Eindruck, das wir mit unserer Fahrtrichtung Richtung Nord um diese Zeit doch schon eine große Ausnahme sind, während die meisten sich schon wieder auf dem Weg nach Hause befinden. So blieb es jedesmal bei einem kurzen Gruß, einem flüchtigen Zuwinken.

Das Wetter ist mittlerweilen auch schon recht herbstlich. Den ganzen Tag wehte ein kräftiger kalter Nordwind und trieb Wolken über die Wälder und Moorflächen aus denen es immer wieder mal kurz regnete. Der letzte überraschte uns kurz vor unserem Ziel schon in Vittangi. Die Sonne hatte den ganzen Tag über kaum eine Chance und es war mit knapp über 10 Grad recht kühl. Die Bergsamen, die das Jahr entsprechend dem Zugverhaltens der Rentiere in acht Jahreszeiten unterteilen, bezeichnen Mitte August nicht um sonst schon als Herbstsommer.

Bild 1.41: Auch aus ganz kleinen Wolken kann es kräftig regnen
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Mit unserer vorbestellten Hütte hatte alles geklappt. Als wir auf dem vollkommen leeren Campingplatz ankamen, lag zwar kein Schlüssel in der Box an der Rezeption, wie es angekündigt war, dafür steckte er in der Türe des für uns reservierten Bungalows Nummer 3. Der Platzwart kam erst am Abend und regelte mit uns nach einem kurzen Plausch das finanzielle und verabschiedete sich von uns. Nach unsere Abreise sollten wir den Schlüssel einfach wieder in der Türe stecken lassen. Anfangs sah es auch so aus als ob wir auf dem Campingplatz die Einzigsten bleiben würden, aber dann kam doch ein Auto mit weiteren Gästen, die anscheinend auf dem Heimweg Richtung Süden waren.

Peter Schaefer 2006-02-18