So. 21.August Virolahti - Lappeenranta

69,4km 4:08h Schnitt: 16,8km/h Maximum: 49,2km/h

Schon gestern Abend deutete sich am Himmel an, dass das schöne Wetter der letzten Tage zu Ende geht. Bei unserer Abfahrt hatte sich die Sonne schon fast vollständig hinter den aufziehenden hohen Wolken versteckt. Zum Radfahren eigentlich auch nicht schlecht, sieht man davon ab, dass es immer mehr nach Regen aussah.

Bild 1.31: EU-Außengrenze
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Kurz vor dem Grenzübergang nach Russland bogen wir nach Norden ab. Hier beginnt die ,,Via Karelia``. Das erste Stück dieser Straße mit ihren langen aber flachen Anstiegen und Abfahrten verlief durch dichte Wälder, die immer wieder von zum Teil großen Kahlschlägen unterbrochen wurden. Noch deutlicher als in den letzten Tagen spürt man die Nähe der finnischen Holzverarbeitung in Lappeenranta und Imatra. Auf großen LKW's wird das Holz auch aus Russland hierher gefahren, wie aus den Nummernschildern der uns überholenden Holztransporter zu erkennen war. Da heute Sonntag ist, waren es aber nur sehr wenige.

Auf einem Rastplatz am Ufer einer Bucht des Suurijärvi legten wir eine kurze Pause ein. Die Badestelle mit Steg lud eigentlich zum Verweilen und Baden ein, aber das Wetter sprach eindeutig dagegen. Ein kalter Wind blies über den See und die Sonne war schon lange nicht mehr zu sehen gewesen. Auch deswegen waren wir wohl weit und breit die einzigsten.

Etwa auf der Hälfte unserer heutigen kurzen Etappe liegt der Ort Ylämaa. In seiner Nähe wird seit den vierziger Jahren der Halbedelstein Spektrolith abgebaut, der schönste Labradorit-Feldspat der Welt, wie die Einheimischen behaupten. Das Farbspektrum dieses Halbedelsteins reicht von

Bild 1.32: Halde eines Steinbruch vor Ylämaa
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dunkelbraun bis tiefblau. Das besondere ist jedoch, dass, dreht man eine solchen Stein langsam im Licht er in allen Spektralfarben leuchtet. Dieser Effekt wird durch die besondere, sehr feine Mineralstruktur hervorgerufen. Schon einige Kilometer vor dem Ort ist uns am Straßenrand eine große Halde mit Granitblöcken aufgefallen, Gestein, das keine oder zu wenig Einsprenglinge des schillernden Edelsteins enthält. Sie werden hier zu Halbzeugen, Granitplatten und Steinen für die Bauindustrie verarbeitet. Dem Granitabbau verdankt diese Edelsteinfundstelle auch ihre Entdeckung. Vorher kannte man den Spektrolith nur aus Funden am Ladogasee, von denen aber bekannt war, dass die Eiszeit sie aus Ostfinnland dorthin gebracht hatte. Der eigentliche Ursprungsort war unbekannt. 1941 beim Bau von Panzersperren einer neuen Verteidigungslinie aus großen aufgereihten Granitblöcken wurde der eigentliche Ursprungsort des Spektrolith entdeckt.

Im Ort besuchten wir das Edelsteinmuseum, das eine kleine schön zusammengestellte Sammlung von Edelsteinen, Mineralien und Gesteinen aus aller Welt sowie einige Fossilien aus der hiesigen Gegend zeigt. Außerdem werden in einer Vitrine Kopien der berühmtesten Diamanten, alle in Originalgröße und aus Quarz geschliffen, ausgestellt. Nachdem wir noch ein angeschliffenes Stück Spektrolith als Erinnerung in dem Mineralien- und Schmuckgeschäft erworben hatten und uns bei einer Picknickpause gestärkt hatten ging es weiter.

Bild 1.33: Picknick in Ylämaa
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Je näher wir unserem Ziel kamen, desto häufiger fielen die Regentropfen, bis wir uns entschieden, doch die Regenjacken überzuziehen. Schon vorher hatten wir auf Grund der Wetteraussichten davon abgesehen, den etwas weiteren Bogen über Villala und Vainikkala zu fahren. Bestärkt wurden wir in unserer Entscheidung auch durch den ausgesprochen schwachen Autoverkehr. Nach unserem Einkauf in einem riesigen Supermarkt am Rande von Lappeenranta, der, obwohl heute Sonntag ist, bis 20:00 Uhr geöffnet hat, legte der Regen erst einmal eine Pause ein. So erreichten wir doch noch halbtrocken den Campingplatz am Ufer des größten finnischen Sees, des Saimma-Sees. Die vorbestellte Hütte für zwei Personen erwies sich nach einer kurzen Besichtigung als zu klein. Im Inneren gab es außer zwei Betten kein weiteres Mobiliar, keinen Tisch , keine Stühle, keine Bank. Die Tür

Bild 1.34: Auf dem Campingplatz
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war auch nur knapp über einen Meter hoch. Nun sitzen wir in einer nur zehn Euro teureren Unterkunft für vier Personen, mit dem üblichen Mobiliar. Draußen hat es sich mittlerweile eingeregnet, auch wenn der Himmel immer mal wieder einen helleren Fleck zeigt und das Tropfen auf dem Dach dabei etwas nachlässt. Der Weg zur Küche war ebenso wie unser Abendspaziergang nur im Schutze der Regenplanen möglich. Die anderen Hütten rund um uns sind bis auf eine leer, eben so, wie fast der ganze Campingplatz. Hinter uns haben sich vier Finnen einquartiert, die anscheinend auf einer Kneipentour unterwegs sind. Lediglich die zum Campingplatz gehörenden recht teuren Bungalows auf einer Insel, die vom Ufer aus nur mit einem dazugehörigen Boot zu erreichen sind, sind alle vermietet, wie wir den Eindruck hatten, an Touristen aus dem nahen Russland.

Peter Schaefer 2008-02-06