Do. 12.7. Fjaltring - Skinnerup

100,8km
Heute setzten wir unsere Fahrt durch das von Meer und Wind geprägte Land fort, das eine der Werbeschriften auch als das Land der Wellen und Hügel bezeichnete.

Den Leuchtturm von Bovbjerg, den wir gestern Abend bei unserem Spaziergang zum Strand von Fjaltring hoch auf dem Kliff gesehen hatten, steuerten wir heute nicht an. Die Nordsea-Cycle-Route führt zwar direkt daran vorbei, wird aber als schmaler Weg über die Wiesen direkt am Rand der Steilküste beschrieben. Das kurze Stückchen, das wir gestern an der Küste entlanggelaufen waren, sah auch so aus. Also blieben wir auf den kleinen Nebenstraßen und erreichten erst bei Ferring wieder die Hauptroute.

Bild 1.15: Zement-Skulpturen in Ferring
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Von hier blickt The Cement Man und seine Familie über die Nordsee und schaut zu, wie der Hügel, auf dem das Dorf liegt, den anrollenden Wogen des Meeres trotzt. Ferring ist wohl der einzige Ort in diesem Teil Jütlands, der so dicht an der Nordseeküste liegt. Seit über 150 Jahren wird mit Buhnen, anfangs aus Eichenstämmen, versucht, den Landverlust zu stoppen.

Im Ort, ganz in der Nähe der Cement-Figuren ist auch das Jens Søndergaards Museum, in dem etliche Bilder dieses Malers, der hier bis in die fünfziger Jahre des letzten Jahrhunderts wirkte, ausgestellt sind. Wir begnügten uns mit einem kurzen Blick durch eines der Fenster, bevor wir unseren Weg fortsetzten, vorbei an mehreren größeren und kleineren Seen, die die Reste einer früheren Verbindung des Limfjords zur Nordsee sind.

Am schönsten und beeindruckendsten war wohl der etwa 8km lange Abschnitt vor Thyborøn. Hier führt ein Rad- und Wanderweg direkt hinter der Düne mitten durch ein ausgedehntes Schilf- und Grasmeer, mit wenigen sehr feuchten Weideflächen und viel offenem Flachwasser - ein Paradies für unzählige Wasservögel. Einige Male fühlte sich ein Reiher durch unser Auftauchen gestört und zog mit wenigen Flügelschlägen von dannen. Von der Nordsee war von hier aus nicht viel zu sehen, sie lag

Bild 1.16: Auf Harbøre Tange
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auf der anderen Seite der Düne, die uns auch etwas vor dem kräftigen Nordwestwind schützte. Mitten in dieser einmaligen Landschaft legten wir eine kurze Rast ein. Jetzt, ohne das Knirschen der Räder auf dem Kiesweg, war auch das Rauschen des aufgewühlten Meeres zu hören. Lediglich der Blick in östliche Richtung wurde durch die Industrieanlagen und Windräder von Cheminova gestört.

Einige Zeit später erreichten wir den Stadtrand von Thyborøn. Der Nordsea-Cycle-Route sind wir am Stadtrand entlang zum Fähranleger gefolgt. Für einen Besuch des Fischmarktes und seiner morgendlichen Fischauktion war es jetzt schon viel zu spät, so dass uns der Bogen über das Stadtzentrum und den Hafen als nicht sonderlich lohnenwert erschien. Aber auch hier am Stadtrand gab es Bemerkenswertes zu sehen, auch wenn wir nicht herausfinden konnten,

Bild 1.17: Kunst in Stein am Ortsrand von Thyborøn
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was die kunstvoll, wie ein Kartenhaus aufgestellten, grob behauenen Steinblöcke wirklich darstellen oder an welches Ereignis in der wechselvollen Geschichte der Stadt sie erinnern.

Auf die Fähre, die uns über den Thyborøn Kanal bringen sollte, mussten wir nicht sehr lange warten. Die Zeit reichte gerade um ein Paar Stullen zu essen. Vor dem kalten Westwind, der den ganzen Tag unvermindert blies, konnten wir in einer Art Schuppen direkt am Fähranleger Schutz finden. Die Überfahrt über die etwa 1,5km breite Verbindung zwischen Limfjord und Nordsee dauert knapp 10 Minuten. Dieser Durchbruch der Nordsee zum Limfjord ist erst Mitte des 19.Jahrhunderts entstanden. Bei einer besonders kräftigen Sturmflut riss hier das Meer 1862 den Sand der Dünen und die Erde des schmalen Landstreifens, der den Nissum Bredning vom Meer trennte, fort. Heute können hier selbst große Schiffe in den Limfjord einfahren. Aus diesem Grunde wurde hier von der deutschen Besatzung im zweiten Weltkrieg mit einer Unzahl von größeren und kleineren Bunkern eine regelrechte Befestigungsanlage als Bestandteil des Atlantikwalls errichtet.

Bild 1.18: Blick von der Fähre auf den Limfjord
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Mit dem Verlassen der Fähre hatten wir den Boden Nordjütlands erreicht. Wenn man es genau nimmt, befinden wir uns von nun an auf einer Insel, denn der Limfjord reicht von hier bis zur Ostsee. Die nächsten 9km führten uns zwar durch eine ähnliche Landschaft wie vor der Fährüberfahrt, aber jetzt auf einer schnurgeraden Landstraße. Diese verläuft auf dem Damm auf der Fjordseite. Der Abstand zur Natur ist dadurch ungleich größer als zuvor auf dem Radweg und lässt diesen Abschnitt recht monoton erscheinen. Hier bietet weder Schilf noch ein Strauch oder Baum Schutz vor dem Wind, der ungehindert aus Westen blies. Selbst auf unserem mehrspurigen Tandem mussten wir aufpassen, dass er uns nicht von der Straße schob.

Bei Agger führt die Nordsea-Cycle-Route wieder etwas weiter weg vom Meer. Auf kleinen Nebenstraßen schlängelt sie sich zwischen flachen verschilften Seen und dann durch ausgedehnte Strandwälder, in denen man den Wind bei weitem nicht so spürte. Erst bei Stenbjerg erreichten wir noch einmal kurz das Meer. Noch heute fahren einige Fischer des Ortes mit ihren kleinen Booten zur Strandfischerei. Die großen Kutter, die früher von hier ausliefen und in Ermangelung eines Hafens auch einfach auf den Strand gezogen wurden, sind aber schon vor mehreren Jahrzehnten verschwunden. Jetzt am späteren Nachmittag war in den Schuppen kein Betrieb mehr. Weit und breit war kein Mensch zu sehen. Bei schönerem

Bild 1.19: Am Strand von Stenbjerg
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Wetter wäre hier sicherlich eine gute Gelegenheit für eine Badepause gewesen. Aber jetzt waren wir froh über die Regensachen als zusätzlichen Schutz. Badegelüste überkamen uns keine. Erst als wir wieder aufbrachen, kam noch eine kleine Gruppe Radwanderer. Hier am Meer war nicht zu merken, das wir mitten in der Hochsaison unterwegs sind.

Bei Faddersbøl hatten wir die Radroute 1 verlassen und waren auf der Straße 539 Richtung Thisted geblieben. Die Jugendherberge liegt abseits der Stadt in dem kleinen Ort Skinnerup. Dieser letzte Tagesabschnitt führte durch eine von Landwirtschaft geprägte sanfte Hügellandschaft, die man so auch in Mecklenburg-Vorpommern finden kann und die doch anders ist. Am deutlichsten wird das in den kleinen Ortschaften. Bevor wir unser Ziel erreichten mussten wir aber noch einmal beim Bäcker in Sjøring anhalten. Mittlerweilen hatten wir den dänischen Kuchen schätzen gelernt.

schaefer 2008-12-07