So. 22.7. Enner - Vejle

101,2km
Dänemark im Regen, rund um das Land gleichmäßig in grau gehüllt. Über 70km bot sich uns dieses Bild. Bei unserer Abfahrt war es schon stark bewölkt, aber noch trocken. So hatten wir wenigstens auf dem ersten Abschnitt des Weges noch Gelegenheit, die Landschaft zu genießen. Da unser Quartier weit abseits des am nördlichen Ufers des Horsensfjordes gelegenen Stadtzentrums lag, hatten wir schon bei der Planung unserer Reise beschlossen, diesem keinen Besuch abzustatten, auch wenn der Ort auf eine lange Geschichte zurückblicken kann. Wir hätten dazu einige Kilometer des Weges, auf dem wir gestern gekommen sind, wieder zurückfahren müssen.
Bild 1.68: Landstraße zwischen Enner und Tamdrup
\begin{figure}\begin{center}
\begin{picture}(120,90)
\includegraphics[width=12...
...7_22_1}
%% 07_22/204-0472_IMG.jpg
\par
\end{picture}
\end{center}\end{figure}
Stattdessen wählten wir ein Stück der Marguerit Ruten um über Hatting an den südlichen Stadtrand von Horsens zu gelangen. Die leicht wellige Landschaft wird hier durch die Landwirtschaft bestimmt, ohne dabei monoton zu wirken.

In den ausgedehnten Parkanlagen am Bygholm See begegnete uns eine auffällig große Anzahl von Läufern. Erst vermuteten wir, dass es sich um eine organisierte Laufveranstaltung handelte, aber keiner trug eine Startnummer oder ähnliches. Es waren nur wohl nur Laufbegeisterte bei ihrer sonntagmorgendlichen Trainingsrunde. Dass die Dänen ein lauffreudiges Völkchen sind, war uns in der Vergangenheit schon mehrfach aufgefallen. Jedesmal beim Berliner Halbmarathon, als auch in Nizza und in Lissabon hatten wir größere Läufergruppen aus den verschiedensten Teilen Dänemarks getroffen.

Am Südufer des Fjords erreichten wir wir wieder den Ostseeküstenradweg. Hier hatte ein Ornithologe sein Fernrohr aufgebaut und beobachtete die zahlreichen Gänse und andere Wasservögel im Uferbereich, sich dabei ständig Notizen machend.

Bild 1.69: Am Enten und Entenjäger Ufer des Horsens Fjords
\begin{figure}\begin{center}
\begin{tabular}{cc}
\begin{picture}(69,92)
\incl...
...22/204-0479.jpg
\par
\end{picture} \\
\end{tabular} \end{center}
\end{figure}

Ein Stück vor Juelsminde fielen dann die ersten Regentropfen. Schon eine Weile vorher war zu ahnen, dass wir dem nicht ausweichen können. Wir flüchteten uns in ein Buswartehäuschen, das gerade an einer Straßeneinmündung stand. Kein sehr gemütlicher, aber ein trockener Platz, um eine Stulle zu essen und eine Tasse heißen Tee zu trinken. Noch hofften wir, dass es sich nur um einen Schauer handelte, aber der Regen wurde immer stärker. Langsam wurde uns auch kalt. So blieb uns keine andere Wahl, als die Regenkluft überzuziehen und im strömenden Regen weiterzufahren. Es sollte unsere einzige richtige Pause am heutigen Tag bleiben.

Eigentlich wollten wir uns Juelsminde in aller Ruhe ansehen, aber bei dem Regen beließen wir es bei einer kurzen Runde durch den Ort ohne irgendwo anzuhalten. Auf den Straßen war kaum etwas los, alle waren im Trockenen geblieben. Der große Platz am Hafen war mit riesigen Planen an hohen Zäunen zugehängt. Dahinter sollte heute Abend die Monster-Truck-Show starten und diese sollte auch nur von zahlenden Gästen gesehen werden. Jetzt standen nur die Tracks und einige Schrottautos auf dem Platz herum. Einige Restaurants luden zwar verführerisch zum Einkehren ein, wir waren nach über einer Stunde Regenfahrt aber schon viel zu sehr durchgeweicht und wollten eigentlich nur möglichst bald unser Ziel erreichen.

Bild 1.70: Pause im Regen
\begin{figure}\begin{center}
\begin{picture}(120,90)
\includegraphics[width=12...
...7_22_4}
%% 07_22/204-0481_IMG.jpg
\par
\end{picture}
\end{center}\end{figure}

Die Ausschilderung des Radweges war an einigen Stellen nicht immer eindeutig oder so versteckt, das wir sie erst viel zu spät gesehen haben. Manchmal hatten wir den Eindruck, das der Ostseeküstenweg nur in der Richtung von Süd nach Nord befahren werden soll. Dies bescherte uns hinter Stouby Mark einen Abstecher mit einer rasanten Abfahrt bis fast an das Ufer zum noch im Bau oder in der Restaurierung befindliche Vejle-Fjord-Center. Der Weg hierher war leider eine Sackgasse. So mussten wir die ganze Abfahrt wieder nach oben kurbeln. Bei schönem Wetter sicherlich kein Beinbruch, aber heute hat es uns doch geärgert, zumal es außer der Baustelle hier nichts weiter gibt, und auch der Zugang bis ans Wasser durch Bauzäune versperrt war. Heute am Sonntag ruhte hier die Arbeit.

Der letzte Teil des Radweges 5 kurz vor Vejle führt auf einem Wanderweg dicht am Fjordufer entlang, ein für Wanderer landschaftlich sehr schönes Stück, für Radfahrer ist es aber sehr schwer zu befahren. Hier wechseln steile Abfahrten und Anstiege sich mehrfach ab, zum Teil so steil, dass für die Wanderer Treppenstufen angelegt sind. Bei der notwendigen Konzentration, die das Fahren hier erfordert, kann man die Natur drumherum nicht wahrnehmen und es bleibt nur die Erinnerung an den schlechten Weg haften.

Wir hatten vorher schon einen Bogen des Ostseeküstenradweges abgekürzt, in dem wir ab Bellelund den Radweg entlang der Fernstraße 23 nutzten. Schon bei Stouby hatten wir einen Abstecher zu dieser Straße gemacht, allerdings gab es dort keinen Radweg. Bei Daugård war dieser dann wieder zu Ende. Hier stießen wir auf die regionale Radroute 53, die auf direktem Weg von Horsens nach Vejle führt, ab Daugård zusammen mit der Route 5 über den besagten Wanderweg.

Bild 1.71: Die Autobahnbrücke über den Vejle Fjord
\begin{figure}\begin{center}
\begin{picture}(120,90)
\includegraphics[width=12...
...7_22_5}
%% 07_22/204-0482_IMG.jpg
\par
\end{picture}
\end{center}\end{figure}

Erst als wir Bredballestrand erreichten und die Häuser dichter wurden, hatten wir wieder Asphalt unter den Rädern. An der Vejle-Fjord-Brücke legten wir den einzigen Fotostop der letzten Stunden ein, bevor wir die ganz neue Jugendherberge am gegenüberliegende Stadtrand ansteuerten. Der bestens auf einer eigenen Trasse ausgebaute Radweg 36 vom Stadtzentrum führt direkt an ihr vorbei. So nass und aufgeweicht wir wir waren, verspürten wir, wie schon zuvor in Juelsminde, keine Lust dieses zu besichtigen, zumal es dort außer der Nicolaikirche und vielleicht noch der Fußgängerzone, nicht sehr viel Sehenswertes gibt. Durch zahlreiche Modernisierungen während der letzten Jahrzehnte, die auch immer versuchten, die Stadt autogerecht zu gestalten, ist von der Altstadt von Vejle nur sehr wenig erhalten geblieben. Uns stand der Sinn viel mehr nach einer heißen Dusche und so viel die Entscheidung nach 70km im strömenden Regen nicht schwer.

Im Moment sieht unser Zimmer aus wie ein Trockenraum. Eine Leine ist von der Fernseherkonsole zum Doppelstockbett gespannt und der Föhn heult auf Hochtouren um Schuhe, Regenhosen und Jacken wieder trocken zu blasen. Zum Glück ist das Zimmer groß genug. Wie alle anderen ist es für vier bis sechs Personen ausgelegt und mit einem eigenen kleinen Bad ausgestattet. Die erst vor kurzem fertiggestellte neue Jugendherberge gehört mit zu den größeren, in denen wir bisher übernachtet hatten. Dem entsprechend anonym geht es hier zu. Das notwendige Geschirr bekamen wir an der Rezeption gegen einen nicht gerade geringen Pfandbetrag. Die Kochgelegenheiten und die Anzahl der Tische im Essraum waren für die vielen Gäste recht knapp bemessen.

Bild 1.72: Abendnebel nach einem langen Regentag
\begin{figure}\begin{center}
\begin{picture}(120,90)
\includegraphics[width=12...
...7_22_6}
%% 07_22/204-0487_IMG.jpg
\par
\end{picture}
\end{center}\end{figure}
Jetzt am Abend hat der Regen aufgehört und draußen vor dem Fenster steigen Nebelschwaden aus den tropfnassen Wiesen und lassen uns auf einen besseren morgigen Tag hoffen.

schaefer 2008-12-07